Zukunft neu denken: Wie Megatrends dabei helfen Wandel zu gestalten
- Christiane Varga
Wie lässt sich die Zukunft der Livemusikbranche in einer Welt voller Wandel gestalten? Megatrends können dabei helfen, sich in Zeiten tiefgreifender Veränderungen zu orientieren, neue Fragestellungen zu entwickeln und gemeinsam an frischen Lösungen zu arbeiten.
Unsere Welt verändert sich nicht nur, sondern sie verändert sich auf nie dagewesene Art und Weise - radikal, schnell und immer häufiger unerwartet. Und mit ihr die Livemusikbranche. Wie gelingt es, in Zeiten der omnipräsenten Umbrüche besonnen zu bleiben, sich und das eigene Business in den Wandel einzuordnen, zu adaptieren, ohne dabei die eigene Identität zu verlieren? Prinzipien aus der Trend- und Zukunftsforschung haben nicht die ultimative Lösung parat, können aber dabei helfen, erste Antworten zu finden.
Prinzip 1: Zukunft findet nicht nur im Außen statt, sondern auch und vor allem in unseren Köpfen
Fehlprognosen gab es immer schon und wird es auch in Zukunft geben – wir sind alle Menschen, die sich auch einmal irren können. Interessanterweise scheint es aber gerade in einem Bereich eine größere Zukunftsblindheit zu geben, als im weiten, offenen Gedankenfeld. Nämlich da, wo Expertise zu eng geführt wird. Anders gesagt: Expertentum macht zukunftsblind. Zahlreiche historische Fehlprognosen zeigen: Auch und gerade schlaue Köpfe, Experten in ihrem Gebiet irren – wenn sie in linearen Mustern und festen Referenzrahmen denken. Zwei Beispiele:
„Ich denke, dass es einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer gibt.“ – Thomas Watson, IBM „Wer will denn Schauspieler sprechen hören?“ – Harry M. Warner, Warner Brothers
Die Lösung? Divergentes statt lineares Denken, also Denken abseits ausgetretener Pfade. Die Perspektive immer wieder zu wechseln ist unangenehm für unser Gehirn. Diese Übung ist in einer komplexer werdenden Welt aber entscheidend. Und wie beim Sport gelingt es immer geschmeidiger und spielerischer, je häufiger wir es tun.
Prinzip 2: Megatrends können dabei helfen, den Wandel aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten
In der Zukunftsforschung geht es vor allem darum, Signale der Veränderung in der Gegenwart zu identifizieren. Dabei spielen sogenannte Megatrends eine zentrale Rolle. Diese langfristigen, tiefgreifenden Entwicklungen – wie Digitalisierung, Neo-Ökologie, New Work, Individualisierung oder Demografie – verändern Gesellschaft, Märkte und Kulturen dauerhaft.
Die große Empfehlung lautet daher: Werfen Sie einen Blick auf die Megatrends und fangen Sie an, Fragen zu stellen. Die Kunst des Fragenstellens ist eine alte, bewährte Form, sich einen Bereich anzueignen, sich für Möglichkeiten zu öffnen, sich Schritt für Schritt, Frage für Frage, durch den Nebel einer vielschichtigen Welt zu navigieren.
Welche Megatrends haben besonders großen Einfluss auf meine Branche? Welche (vermeintlich) weniger? Gehen Sie in den Austausch mit Menschen aus Ihrem Bereich und auch und vor allem mit Branchenfremden.
Wer die Megatrends ernst nimmt, erkennt irgendwann: Zukunft lässt sich nicht kontrollieren, aber gestalten – durch Offenheit, Reflexion und neue Formen des Denkens.
Einstiegsfragen können sein:
- Wie verändert die Digitalisierung und KI die Produktion, die Distribution und die Performance? Gibt es neue Erlösmodelle?
- Wo bringt Globalisierung positive Aspekte wie kulturelle Vielfalt und wo herrscht ein negativer Marktdruck und zu starke Abhängigkeiten?
- Was sind die Post-Covid-Gewohnheiten im Bereich Livemusik?
- Wie sieht es mit den Themen Klima, Extremwetterereignisse und Nachhaltigkeit aus? Gibt es neue Konzepte zu Logistik, Mobilität und Ressourcenverbrauch?
- Der soziale Wandel ist mindestens genauso wichtig wie der technologische (aus meiner Sicht sogar wichtiger ;)) Welche Fragen wirft der Wertewandel nach mehr Fairness, Diversität und Verantwortung im Kulturbetrieb auf?
Prinzip 3: Wer die Zukunft gestalten will, sollte das Prinzip des Netzwerks nutzen
Die Gestaltung der Zukunft ist ein dynamischer und oft bereichernder Prozess, bei dem die Zusammenarbeit eine zentrale Rolle spielt. Warum ist das der Fall?
Der Hauptgrund ist die zunehmende Komplexität: Viele Herausforderungen heute und in Zukunft sind komplex und vielschichtig. Neue Formen der Zusammenarbeit ermöglichen es, unterschiedliche Aspekte eines Problems zu betrachten und umfassendere Lösungen zu entwickeln.
Verschiedene Menschen bringen unterschiedliche Perspektiven, Erfahrungen und Fähigkeiten mit. Diese Vielfalt kann zu kreativeren und innovativeren Lösungen führen, die allein vielleicht nicht gefunden worden wären. Diverse Teams sind deshalb nicht nur ein freundliches Trendphänomen, sondern entscheidend bei der Bewältigung komplexer Fragestellungen.
Zukunft braucht also eine neue Art des Denkens - und des Handelns. Gemeinsam statt im Einzelkämpfertum. Mit Lernfähigkeit statt mit vermeintlicher Gewissheit. Denn die Livemusikbranche steht, wie fast alle anderen Bereiche, an einem Wendepunkt. Die (offene) Frage lautet: Wie geht es weiter? Diese Frage kann Angst machen oder einen neuen, großen Gestaltungsspielraum erkennen lassen.
Christiane Varga, Zukunft Lebensraum Trendforschung